Corona-Alltag bei der Feuerwehr

21.04.2021

Corona-Alltag bei der Feuerwehr

Kommandant Hans-Peter Heimbach bietet Einblick in die Abläufe

 

Trostberg. Wenig überraschend kürte die Gesellschaft für deutsche Sprache den Begriff „Corona-Pandemie“ zum Wort des Jahres 2020. Schon beinahe untrennbar verbindet sich mit diesem Wort ein weiterer Begriff: „systemrelevant“ – übrigens das Deutschschweizer Wort des Jahres 2020. Während der Ausdruck „Corona-Pandemie“ als Bezeichnung für eine Krankheit noch konkret ist, birgt die Bezeichnung „systemrelevant“ die Gefahr des Wertens: Wer kann und darf sich anmaßen, andere Personen oder Berufsgruppen als relevant oder weniger relevant für ein System einzustufen, das auf das Miteinander der Menschen basiert? Unbestritten dürfte aber sein, dass gerade die Leute, die im medizinischen und pflegerischen Bereich arbeiten oder sich als Mitglieder der sogenannten Blaulichtfamilie engagieren, für die Gesellschaft unverzichtbar sind – und das völlig unabhängig davon, ob gerade eine Pandemie herrscht oder nicht.

Zur Blaulichtfamilie gehören in Trostberg die mehr als 200 ehrenamtlichen Kameraden der vier Ortsfeuerwehren Trostberg, Oberfeldkirchen, Lindach und Heiligkreuz sowie der Werkfeuerwehr des Chemieparks. Auch sie müssen in Zeiten von Corona und der Beschränkungen, die die Pandemie mit sich bringt, unter erschwerten Bedingungen arbeiten. Der Heimatzeitung gewährt Hans-Peter Heimbach, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Trostberg, einen Einblick in den Alltag der Wehr vor Ort.

Ohne regelmäßige Übungen geht Sicherheit verloren

„Eigentlich laufen die Übungen der Feuerwehr Trostberg seit Jahren nach einem detaillierten Plan ab, auf dem neben den allgemeinen Übungen, bei denen die ganze Mannschaft gemeinsam trainiert, auch Übungen für jede Fachgruppe abgehalten werden“, berichtet Heimbach. Aber: „Seit einem Jahr ist jetzt natürlich auch bei uns alles anders. Zu Beginn der Pandemie haben wir alle Übungen ausgesetzt, die Neuerungen und zusätzlichen Infos zum Eigenschutz der Einsatzkräfte, um eine Ansteckung während der Einsätze so gut es geht zu vermeiden, haben wir per E-Mail an die Mannschaft kommuniziert.“

Der Kommandant weiter: „Die ersten Monate kamen wir damit auch gut zurecht, haben aber dann schnell bemerkt, dass bei dem umfangreichen Aufgabenspektrum und der dahintersteckenden Technik ohne regelmäßige Ausbildung die für unsere Tätigkeit notwendige Sicherheit schneller verlorengeht als wir das eingeschätzt hatten.“ Etwas aufatmen konnten die Feuerwehrleute, als sie in der zweiten Jahreshälfte 2020 wieder mit Ausbildungen in kleinen Gruppen starten konnten. Gemeinsam mit der Stadt Trostberg hatte die Feuerwehr ein Hygienekonzept für die Ausbildungen erstellt, das seitdem gültig ist und genauestens eingehalten wird. „Die Einsatzkräfte sind in feste Ausbildungsgruppen eingeteilt, dürfen diese auch nicht wechseln und müssen FFP2-Masken tragen“, erläutert Heimbach. „Auch einzelne Fachgruppenübungen finden nur mit Mitgliedern aus diesen eingeteilten Gruppen statt, um eine Vermischung der Mannschaft zu vermeiden.“ Allen vermeidbaren Kontakten aus dem Weg zu gehen und damit das Risiko von Infektionen mit Covid-19 möglichst gering zu halten, zählt zu den obersten Geboten. Denn die Feuerwehr als Behörde mit Organisations- und Sicherheitsaufgaben darf nicht ausfallen.

Trotz dieser Bedingungen versuchen die Führungskräfte und Ausbilder, die notwendigen Lehrgänge für ihre Kameraden so interessant und ansprechend wie möglich zu gestalten. Innerhalb von zwei Wochen übten die Gruppen der Trostberger Feuerwehr das Vorgehen bei einem Zimmerbrand für die ersten beiden Fahrzeuge ihres Löschzugs – vom Aufbau der Wasserversorgung über eine Möglichkeit, per Leiter in die brennende Wohnung zu gelangen, bis hin zum sogenannten Innenangriff.

Heimbachs Dank gilt hier der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Trostberg, die kürzlich für eine Übung ein Mehrfamilienhaus in der Uferstraße, das bereits für zum Abriss geräumt worden war, zur Verfügung stellte. Um möglichst wirklichkeitsnah für den Ernstfall proben zu können, ließ das Vorbereitungs-Team dichten Rauch aus dem Gebäude dringen. „Um solche Anwesen sind wir als Feuerwehr immer sehr dankbar, da wir darin viel realistischer üben können als in bewohnten Objekten“, betont der Kommandant und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Denn wer möchte schon, dass ein schwerer, wassergefüllter C-Schlauch mit den Kupplungen durch das bewohnte Treppenhaus über den Boden gezogen wird oder mit einer Nebelmaschine die gesamte Wohnung verraucht wird?“

Gruppeneinteilung im Ernstfall nicht praktikabel

Und wie schaut's im Ernstfall aus? „Bei wirklichen Einsätzen versuchen wir, uns durch FFP2-Masken sowie – wenn möglich – Abstand und Reduzierung der Mannschaftsstärke zu schützen“, sagt Heimbach. „Da wir ja alle ehrenamtlich tätig sind und bei Alarm von zu Hause oder von der Arbeit aus zum Feuerwehrhaus fahren, sind eine Trennung der Mannschaft und das Besetzen der Fahrzeuge nach den eingeteilten Übungsgruppen nicht möglich. Denn dies würde die Ausrückzeiten extrem verzögern, und wir könnten die geforderten Hilfsfristen nicht einhalten.“ fam

 

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tt-ffw uebung corona red1-5: Test für den Ernstfall: Die Freiwillige Feuerwehr Trostberg probte das Vorgehen bei einem Zimmerbrand. Um unter möglichst realistischen Bedingungen üben zu können, stellte die Gemeinnützige Baugenossenschaft Trostberg ein leeres Mehrfamilienhaus in der Uferstraße zur Verfügung, aus dem dichter Rauch quoll.

 

Fotos: Freiwillige Feuerwehr Trostberg (oder FFW Trostberg )

Bericht von Michael Falkinger